Der Magische Knopf – das hat sich wohl jeder Reiter schon mal gewünscht. Gibt es ihn? Einen Knopf, der alle Probleme beim Reiten beseitigt? Dieser liegt – Überraschung – im Kopf des Reiters. 

Der magische Knopf – wofür wir ihn bräuchten? 

  • Für die Formgebung über den Rücken, der Kopf muss doch endlich mal runter!
  • Um die Bandengeier stumm zu schalten oder sie ignorieren zu können
  • Um den eigenen inneren Kritiker nicht mehr hören zu müssen
  • Um das Pferd besser zu verstehen
  • Um physische Zusammenhänge im Pferd zu verstehen 
  • Um den Reitlehrer zu verstehen
  • Um dem Pferd ein besserer Freund zu sein
  • Um zu verstehen, was man eigentlich selbst möchte
  • Um einfach reiten zu können

Diese Liste lässt sich vermutlich ewig fortführen. Schauen wir jedoch schonungslos der Wahrheit ins Gesicht. Das Problem sitzt meist im Sattel oder ist auch öfter zu Fuß neben dem Pferd unterwegs. 

Der magische Knopf – warum wir ihn uns wünschen?

Es ist nun genau 8 Jahre her, da habe ich mir erstmals Gedanken über den magischen Knopf gemacht. Damals hatte ich vor allem folgende Szenarien im Kopf: 

Der gibt nicht nach, der ist so steif und sitzen kann ich ihn auch nicht mehr“. Wenn man sich die Klagen mancher Reiter, verbunden mit dem Anspruch – das Pferd MUSS doch können – anhört, fragt man sich unweigerlich: Wenn es nicht schön ist und sich nicht schön anfühlt – warum tut man sich das dann überhaupt an?

Im Grunde ist das Reiten heute keine Notwendigkeit. Es ist unser Vergnügen und unsere Freizeit. Allerdings haben die Äußerungen einiger Reiter mit Vergnügen nicht mehr viel zu tun.

Es ist leicht, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Daher erzähle ich die Geschichte einfach mal aus meiner Sicht. Ich wollte vor zehn Jahren auch einmal etwas „Können“. Ich wollte fliegende Galoppwechsel reiten oder eine Piaffe. Das Pferd in einer schönen Haltung präsentieren und mit meinem Können durchaus auch ernst genommen werden.

Warum? Weil ich auch schon von Kindesbeinen gelernt hatte, dass die Heldinnen meiner Pferderomane und Comics ihr Können am Turnier präsentierten, weil ich im Stall im Ferienlager erstmals erlebt habe, wie das Können von uns Kindern bewertet wurde – nicht nur von oben herab, sondern auch unter uns. 

Aber was konnte ich eigentlich? Mit Barilla habe ich mir „Können“ und Erfahrung zugeschrieben, weil ich mehr als 15 Jahre lang im Sattel saß, junge Pferde angeritten hatte und auch schon mal am Turnier die eine oder andere Schleife abgeholt hatte. Auf die Frage, was ich da mache, konnte ich schon antworten: „Ich reite“. Aber präziser ging es dann schon nicht. Und weil eben diese Präzision fehlte, waren Barilla und ich am Ende. Am Ende vom Latein, ratlos, unglücklich, festgefahren, lustlos und körperlich hatte der jahrelange „Streit“ um die richtige Kopfposition auch Spuren hinterlassen. 

Der Zufall stieß mich auf die Akademische Reitkunst. Aber auch hier war ich skeptisch, denn es gab viele Vorurteile: 

Der Magische Knopf oder doch nur Fancy Sh*t

  • „Das sind die, die mit dem komischen Holzstecken reiten“
  • „Die arbeiten nur im Stehen“
  • „Die galoppieren nie“
  • „Die haben nur Barockpferde“

Heute kann ich dazu sagen: 

Stimmen die Vorurteile über die Akademische Reitkunst oder ist Fancy Sh*t der magische Knopf?

Der Magische Knopf ist die Dressur, die für das Pferd da ist

„Die Dressur ist für das Pferd da – nicht das Pferd für die Dressur“

Bent Branderup 

Mit Barilla entdeckte ich erstmals die Akademische Reitkunst. Und diese ist vor allem eines – dynamisch. Die Akademische Reitkunst, die ich 2007 kennen gelernt habe, ist heute um so viele Facetten reicher – und in der Bodenarbeit legen wir wirklich den Grundstein für eine Dressur, die für das Pferd da ist.

Einen kleinen Überblick über die Akademische Reitkunst zeige ich dir im folgenden Video:

Magischer Knopf oder bloß Kommunikation?

Die Akademische Reitkunst hat mich achtsamer und aufmerksamer werden lassen. Meinem Pferd gegenüber, aber vor allem auch mir selbst gegenüber. 

Meine Pferde sind magisch

Barilla, für die ich mir wirklich so oft einen magischen Knopf gewünscht hatte, hat mir gezeigt, dass Pferde tatsächlich über eine gewisse Magie verfügen. Sie hat mir auf meine Bitte hin sofort eine zweite Chance gegeben. Da fällt uns Zweibeinern das Verzeihen doch scheinbar schwieriger. 

Tabby hat mir gesagt, ich soll nicht Stunden und Minuten zählen, sondern das Grenzenlose sehen. Wenn ich also verzweifelt bin, weil ich für meine Begriffe zu lange an einem Inhalt gearbeitet hatte, dann war mir damals nicht bewusst, dass ich nicht nur für mich und Tabby übe, sondern so unendlich viel Wissen für viele weitere Pferde mitnehme aus unserer gemeinsamen Zeit. 

Pina hat mir gezeigt, dass ich ihr mehr zutrauen darf, insbesondere in Punkto Verantwortung. Die darf man nämlich auch mal abgeben und das Pferd machen lassen. 

Konrads Magie hat sich einfach in der Beziehung zueinander gezeigt. Was ist Liebe? Wir haben Schmetterlinge im Bauch – das ist noch leicht zu umschreiben, ansonsten ist Liebe unheimlich individuell und es fällt auf, dass wir viel leichter Herzschmerz beschreiben können, als Harmonie. Wir finden mehr Worte für das Defizit, das, was wir noch nicht so gut können, im Vergleich zu all jenen Dingen, wo wir bereits Superstars sind. Konrad sagt, wir dürfen mehr Superstar sein. Weil wir sind es! 

Amenas Magie ist absolut im Moment zu sein. Und das ist auch wichtig. Zu lernen, dass es manchmal Wichtigeres gibt, als den zuvor festgelegten Stundenplan. Dass man unbedingt auf sich selbst schauen muss, wenn man auch anderen Gutes will. 

Mandrakes Zauber ist sein Strahlen. Er erinnert mich immer wieder daran, dass es mehr Sonnenschein als Gewitterwolken in der Ausbildung von Pferden geben sollte – auch wenn nicht alles nach Plan läuft. Wenn man ein Konzept ändern muss, einen neuen Plan schreiben, dann kann man das auch gut gelaunt machen. Und das tun wir. 

Ein wichtiger Aspekt in der Pferdeausbildung – und vermutlich DER magische Knopf für die meisten von uns

Übung wird zum magischen Knopf 

Neulich bei einem Lehrgang: Schulterkontrolle in Bodenarbeit. Erst muss der Mensch verstehen, dann kann er es dem Pferd erklären! Vor allem, da wir meist selbst Ausbilder unserer Pferde und Lernende zugleich sind. 

Der Weg ist das Ziel – das sagt sich so leicht. In der Realität erlebe ich aber häufig Ungeduld und manchmal auch Unverständnis für das Pferd. Über gewisse Dinge lässt sich ja ganz einfach „drüber reiten“, oder nicht?

Für François Robichon de la Guérinière, der bis 1751 den königlichen Stall in Paris leitete, war das Ziel seiner Ausbildung, durch systematische Arbeit ein Reitpferd zu erziehen, das ruhig, gewandt und gehorsam ist, angenehm in seinen Bewegungen und bequem für den Reiter. Alois Podhajsky kritisierte 1965 diesbezüglich:

„Leider ist aber in den letzten Jahrzenten eine bedauerliche Vernachlässigung des theoretischen Wissens festzustellen; in allen Sparten des Reitsports nimmt die Oberflächlichkeit in erschreckendem Maße zu“.

Alois Podhajsky

Im Gegensatz zu  Guérinière haben viele Reiter heute ganz andere Ziele: Mit Wendigkeit war Versammlung gemeint und das hatte durchaus Sinn! Ruhe ist scheinbar egal. Heutzutage werden sogar im Turniersport erfolgreiche Pferde entweder von zwei Pflegern zur Siegerehrung geführt, oder man reitet gleich auf einem ruhigeren Pferd ein, das die Ehrenrunde in Gelassenheit schafft. 

Schritt muss man scheinbar auch nicht mehr üben, mit unklarem Takt am Turnier wird man als Profi nicht in die Kritik genommen. 

Und auf Bequemlichkeit wird ebenso verzichtet. Man macht es sich gerne sogar schwerer, weil größere Bewegungen zählen, die das menschliche Becken aber nicht mehr sitzen kann. Wir wissen weniger von der Reitkunst, gleichzeitig haben wir Bilder im Kopf, die wir zunehmend JETZT, SOFORT und ohne den Weg zu kennen reproduzieren wollen.

Und besonders traurig: Manchmal hab ich das Gefühl, dass viele den Weg gar nicht kennen lernen wollen und sich lieber auf ein paar Erklärungen verlassen, ohne diese zu hinterfragen.

Wenn eine Übung mal nicht gelingt, wird pausenlos wiederholt. Nuno Oliveira empfahl zwar ebenso viele Wiederholungen, allerdings folgte er dabei dem Credo „Weniger ist mehr, lobe viel“! 

Das Können eines Pferdes kann durch täglich weniges, aber gezieltes Training verbessert werden. 

Wenn sich mein Pferd nicht über sich selbst und seine Fähigkeiten freuen kann – welchen Inhalt gebe ich dann dem Pferd? Grundsätzlich wählen wir egoistisch ein Pferd (wir verlieben uns), stellen es nach unseren Vorstellungen in einem Stall ein und entscheiden, welchen Weg wir in der Ausbildung gehen wollen. Meist alles Entscheidungen, die wir für uns und das Pferd treffen. Wir können freilich schwer nachfragen – aber wir könnten noch vor dem Pferdekauf gut überlegen, wie wir das Optimum aus unseren Entscheidungen bekommen. 

Magie, um den Reiter zu motivieren?

Vielleicht steckt man sich die falschen Ziele? Vielleicht will man Zuviel?

Ein paar Grundsätze können die Freude wieder zurück bringen:

  1. Beharrlichkeit: Was heute nicht funktioniert, klappt vielleicht morgen. Man darf sich selbst gegenüber ebenso nicht zu ungeduldig sein!
  2. Offenheit: Vielleicht hilft der Blick über den Tellerrand, oder am besten eine Recherche in der Vergangenheit. Ich lese beispielsweise bei Problemstellungen immer wieder mal gerne bei Gustav Steinbrecht im „Gymnasium des Pferdes“ nach, wenn mir Ideen ausgehen!
  3. Geduld!
  4. Schlussmachen: Manchmal ist es am besten, aufzuhören wenn`s am schönsten ist! Gerade dann haben Reiter und Pferd wohl das Meiste gelernt!
  5. Vorbilder: Reiterliche Vorbilder prägen und schulen!

Wir reiten Dressur für unser Pferd. Wenn`s nicht Spaß macht, dann läuft etwas schief. Die magische Lösung durch einen „geheimen Knopf“, Hilfszügel etc. gibt es NICHT. Wer hier einen leichteren Umweg gehen will, liegt schlichtweg falsch.

Bent Branderup betont, dass wir den Pferden nichts beibringen müssen. Wir können aber abrufen, was Pferde von Natur aus in sich tragen und auch mitbringen können!

Wenn wir Einfach Reiten wollen, müssen wir also in erster Linie uns selbst schulen und den Rollentausch vollziehen: Nicht wir sind die Lehrmeister, sondern unsere Pferde!  🙂

Der Magische Knopf zum Weiterlesen 

signature2

Einen magischen Knopf habe ich nicht, aber ich zeige dir, wie du als Ausbilder deines Pferdes wächst: