Warum reiten wir Dressur – diese Frage habe ich  vor wenigen Wochen gestellt. Das Fazit in einem Satz: Wir reiten Dressur, weil unser Pferd – dem wir viele schöne Stunden verdanken – es verdient behutsam und verantwortungsvoll gymnastiziert zu werden. Schließlich wollen wir auch in Zukunft viele schöne Stunden mit unserem vierbeinigen Freund verbringen. Das Warum ist also geklärt – fehlt noch das Wie.

Geraderichtung, Losgelassenheit, Entspannung, Balance, Versammlung, Durchlässigkeit, Tempo, Takt und Schwung sind nur einige Ziele, die wir erreichen möchten. Der Fitness—„Brownie“ für Pferde: Seitengänge Schulterherein, Kruppeherein oder Travers, bzw. Renvers.

Auf dem Weg zum Schulpferd sind auch die Wendungen und Touren der so genannten Campagneschule nicht zu vernachlässigen. Alois Podhajsky meint dazu:

„Diese fördert die Gehlust des Pferdes, bildet dessen natürliche Anlagen in Haltung und Gang aus, kräftigt das Pferd in allen seinen Glieder und macht es biegsam und geschmeidig in den Bändern, Sehnen und Gelenken. Dadurch wird die Geschicklichkeit und Ausdauer des Pferdes erhöht, sein Intellekt und Begriffsvermögen geweckt und zugleich dem Reiter der Maßstab für die Arbeit wie für den methodischen Vorgang in der Dressur gegeben“.

Damit Pferd und Reiter sich der Kunst nähern können und eine gute Figur machen, sind die guten alten Bahnfiguren ein hilfreiches Mittel. Aber welche gibt es und wie lassen sich diese gut kombinieren?

Aus der Mitte

bahnfiguren_mitte…ist eine einfache Wendung, die von der Mitte der kurzen Bahnseite aus eingeleitet wird. Man kann die gesamte Mitte entweder gerade-gerade gestellt durchreiten, in Links-Stellung und Biegung, oder eben nach rechts gestellt und gebogen. Auf der Mittellinie lassen sich gerne zwei bzw. vier Volten einbauen. Mögliche Übungen sind: Tempounterschiede, Handwechsel oder ganze Paraden können eingebaut werden. Die Mittellinie zeigt uns auf, wie gut es um die Geraderichtung steht, wie sehr das Pferd zwischen den Hilfen geführt werden kann, ohne mit Vorder- oder Hinterhand auszufallen. Ein Prüfstein für vorangegangenes Arbeiten also!

 

Diagonale wechseln

bahnfiguren_diagonale….Je nach Größe des Vierecks kann durch die gesamte Länge, durch die halbe oder durch die Viertel- Bahn gewechselt werden. In der Spanischen Hofreitschule gab es die Vorgabe sechs Schritte von der Ecke entfernt die Reitbahn diagonal zu durchreiten und genau sechs Schritte vor der nächsten Ecke anzukommen. Viel Spaß beim Schritte zählen. 😉 Der Teufel schlummert wie das Sprichwort schon sagt im Detail: Exaktheit kann hier förderlich sein, allerdings auch ein Nachteil. Bei jeder Übung gilt: Zuerst die Form (also Stellung, Biegung, Durchlässigkeit und Losgelassenheit des Pferdes erarbeiten, dann erst an der Exaktheit der Bahnfiguren feilen. Wenn dieses Ziel erreicht ist, kann die korrekte Ausführung der Bahnfiguren wieder Rückschlüsse auf die Qualität der vorangegangenen Arbeit bieten.

 

Große Tour, Zirkel

bahnfiguren_zirkel…die Größe der Tour, Zirkel oder später der Volte gibt das Maß der Biegung des Pferdes vor. Der innere Zügel überwacht dabei die Stellung, der Sitz gibt das Maß der Biegung vor, der äußere Zügel begrenzt die Stellung. Während der innere Schenkel für den Vorschwung des inneren Hinterbeins sorgt, begrenzt der äußere Schenkel, der verwahrend hinter der Gurte liegt, das äußere Hinterbein und verhindert somit ein Ausfallen mit der Kruppe. Der innere Schenkel und der äußere Zügel sind die vorherrschenden Hilfen in der Wendung – niemals darf das Pferd über den Innenzügel in die Wendung gebracht werden. Wichtig bei der Arbeit auf der Tour: Abwechslung. Schulterherein und Kruppeherein können ebenso auf dem Zirkel gearbeitet werden, der Zirkel kann für die Erarbeitung von Übergängen eingeteilt werden und nicht vergessen: Häufige Handwechsel fördern eine gleichmäßige Ausbildung auf beiden Seiten.

 

Volte

…Die kleinere Variante des Zirkels. Volten können praktisch überall eingebaut werden. Eine meiner Lieblingsübungen: Große Tour beispielsweise auf der linken Hand mit einer kleinen Volte bei X nach rechts und anschließenden Wechsel wieder auf die linke Hand. Aber auch an der langen Bahnseite, kombiniert mit Seitengängen (Schulterherein nach der Ecke, daraus in die Volte und daraus wieder Schulterherein oder Kruppeherein) dienen der Gymnastizierung, Tempo, Takt und Schwung und verbessern die Anlehnung.

 

Umkehrt-Wechseln oder „Aus der Ecke kehrt“

bahnfiguren_kehrt…auf eine halbe Volte folgt eine Diagonale zur langen Bahnseite. Erst wenn das Pferd an der langen Seite angekommen ist, wird die neue Stellung und Biegung verlangt (im Bild rechts).

 

In die Ecke-Umekehrt-Wechseln

…beschreibt genau das Gegenteil von „aus der Ecke kehrt“ – das heißt zuerst wird die Bande in Richtung Mittel-Linie verlassen, vor der Ecke werden neue Stellung und Biegung korrigiert und eine halbe Volte durch die Ecke geritten (im Bild links).

 

Schlangenlinien

bahnfiguren_schlangenlinienSchlangentouren können entweder in drei oder mehreren Bögen geritten werden. Dabei beginnt man an der Mitte der kurzen Wand – auf der Mittellinie folgen dann drei gleich große Halbkreise mit je einem Handwechsel. Reitet man die Schlangentouren in fünf Bögen werden die Radien der Kreise kleiner, der Reiter reitet wieder bis fast an den Hufschlag heran. Wenn der Reiter beim Überschreiten der Mittellinie nicht zur neuen Stellung und Biegung wechselt, können die Schlangentouren auch in Renversstellung geritten werden.

 

Der Kreativität sind, was Tempowechsel, Handwechsel, den Einbau von halben oder ganzen Paraden anbelangt keine Grenzen gesetzt. Eine einmal ausgearbeitete Choreographie kann durch Wiederholungen zum Prüfstein und Vergleichswert herangezogen werden.

 

Von der schlechten zur guten Figur!

Bei den Bahnfiguren geht es nicht darum, sture Kringel zu reiten oder ein Programm abzuspulen. Auch hier gilt: Reiten wir mit Köpfchen, dann reiten wir Einfach! Ein Beispiel aus meiner täglichen Praxis: Meine Fuchsstute Tarabaya hat es durch ihr breitbeiniges Gangmuster (Hinterbeine zeigen in Richtung Schwerpunkt, scheren dann aber gerne mit großem Hüftschwung wieder nach außen, am Vorderbein vorbei) oft nicht leicht. Auf einer Tour gelingt es uns gut, beide Hinterbeine unter den Schwerpunkt zu bringen. Schließe ich eine Volte mit Handwechsel an die Tour, muss ich im Schritt damit rechnen, dass ich zwar das innere Hinterbein zum Schwerpunkt bekomme, das äußere aber sehr gerne nach außen – und damit sehr vom Schwerpunkt wegtritt. Die Lösung: Ich verlange nicht überfallsartig prompte Volten, hier ist es hilfreich und quasi unser „täglich Brot“ den Zirkel von den äußeren Hilfen zu verkleinern. Eine tägliche Überprüfung im Verkleinern verrät mir auch, ob wir einen guten Tag haben, die Breitbeinigkeit also weniger Probleme macht oder in diesem Moment wieder stärker wurde. Diese Überprüfung bestimmt mein weiteres Trainingsprogramm.

Reiten wir also die guten alten Bahnfiguren, dann Reiten wir Einfach 🙂

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